Hammer nit. Wolln mer nit.
Das ist die Kurzfassung. Es folgt die Langfassung.
Ein "Code of Conduct" ist ein Verhaltenskodex im Sinne einer Sammlung von Normen, die die Verhaltensweisen der Adressaten des Kodex bestimmen sollen.
Liest man gängige, einschlägige Regelwerke, so stellt man fest, dass dort eigentlich selbstverständliche Verhaltensweisen normiert werden. Was dort gefordert wird, ist die Haltung und das Verhalten eines einigermaßen vernünftigen, halbwegs gut erzogenen Menschen.
Das erscheint bemerkenswert. Regeln werden dann aufgestellt, wenn die Gefahr besteht, dass sie gebrochen werden. Sie sollen von außen auf den Adressaten einwirken, weil man befürchtet, dass er sich ohne diese Einwirkung nicht richtig verhält.
Ein solches Regelwerk sagt somit etwas über die Verfassung der Gemeinschaft oder Gesellschaft aus, für die die Regeln gelten sollen. In dieser ist ein vernünftiges Benehmen dann offensichtlich eben nicht (mehr) selbstverständlich.
Unter Freunden sind die in den einschlägigen Regelwerken beschrieben Verhaltensweisen und Haltungen, wie beispielsweise Respekt, Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft, Nichtdiskriminierung, der Wille zur Zusammenarbeit, herrschaftsfreier Umgang miteinander usw., selbstverständlich. Freunde verhalten sich untereinander so, wie in diesen Regelwerken gefordert. Meistens jedenfalls. Wenn auch nicht immer.
Die einschlägige Regelwerke sehen dann die Bestellung von Personen oder Gremien vor, an die man sich, wenn man glaubt, die Regeln seien verletzt worden, wenden kann.
Meist ist eine solche Beschwerde nicht nur bei eigener Betroffenheit zulässig, sondern auch dann, wenn man meint, die Regeln seien zum Nachteil einer oder eines anderen verletzt worden. Die Erfahrung lehrt, dass dies oft Verhaltensweisen herausfordert, die jede Freundschaft töten können. Sich besser wissend und seiend fühlende Denunzianten haben meist nur Gleichgesinnte als Sozialkontakt.
Wir wollen aber weder Dünkel- noch Denunziantentum fördern.
Wenn sich jemand nicht so verhält, wie es eigentlich selbstverständlich ist, dann hat das Gründe. Diese können verschiedener Art sein. Ein klares Wort unter Freunden unter vier Augen oder im kleinen Kreis ist dann hilfreich — für das "Opfer", wie auch für den "Täter". Auch Letzterer verdient nämlich Respekt, Nichtdiskriminierung, Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft und Verständnis. Letzteres sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es beim Vollzug eines Code of Conduct erfahrungsgemäß oft aber nicht.
Ebensowenig ist ein herrschaftsfreier, freundschaftlicher Umgang mit dem Beschuldigten möglich. Die Rollen des Richters und eines Freundes sind unvereinbar. Freunde begegnen sich auf Augenhöhe; der Richter hat Herrschaft und Macht auszuüben, selbst dann, wenn er freispricht.
Ein Code of Conduct enthält dann schließlich einen Sanktionenapparat, um unerwünschtes Verhalten zu ahnden. Vorsätzliches Zufügen von Übeln (Strafen) unter Freunden ist aber ein Widerspruch in sich.
Aus alledem ist der Schluss zuziehen, dass in dem Moment, in dem ein Code of Conduct Wirkung entfalten könnte, die Freundschaft bereits am Ende ist. Wenn wir an diesem Punkt angelangt sind, sollten wir unseren Verein auflösen, denn dann haben wir versagt — und zwar alle miteinander.
Daher brauchen und wollen wir keinen Code of Conduct im Sinne eines Regelwerkes.
Manchmal wird in neuerer Zeit leider mit einem (finanziellen) Hilfsangebot die Forderung nach einem Code of Conduct in Form eines entsprechenden Regelwerkes verknüpft. Hilfe unter einer solchen Bedingung lehnen wir ab.
Freiheit, so wie wir sie verstehen und leben wollen, erfordert eben gelegentlich Widerstand gegen die Zumutung, etwas Unvernünftiges und als schädlich Erkanntes zu tun.
Respektvolle Hilfe und Bevormundung sind miteinander unvereinbar. Freiheit bedingt und erfordert Mündigkeit. Wir können nicht Freiheit propagieren und Bevormundung akzeptieren.
Wir sind Freunde. Das steht schon im Namen unseres Vereins. Das ist unser "Code of Conduct". Das genügt. Mehr wäre schädlich.